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04.12.2025

Rede | Debatte um Gewalt in Jobcentern

Gewalt gegen Beschäf­tigte in Job­cen­tern ist inak­zep­ta­bel. Doch das Zerr­bild, dass die AfD heute im Bun­des­tag prä­sen­tiert, geht an der Rea­li­tät in den Job­cen­tern weit vor­bei.

Mehr dazu in der Rede von Syl­via Rie­ten­berg.

Pro­to­koll der Rede vom 04.12.2025 im Deut­schen Bun­des­tag

Sehr geehr­ter Prä­si­dent, sehr geehrte Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen,

nur um es gleich vor­ne­weg zu sagen. Gewalt gegen Beschäf­tigte in Job­cen­tern ist völ­lig inak­zep­ta­bel. Punkt.

Jeder Angriff, jede Bedro­hung, jede Belei­di­gung ist eine zu viel.  

Ich möchte des­halb zu Beginn allen Mit­ar­bei­te­rin­nen in Job­cen­tern und Arbeits­agen­tu­ren aus­drück­lich dan­ken, für ihre oft sehr belas­tende Arbeit unter gro­ßem Zeit­druck und mit hohen Erwar­tun­gen von allen Sei­ten!

Ja, es gibt Über­griffe. Betrof­fene berich­ten von mas­si­ven psy­chi­schen Belas­tun­gen, und es gab in der Ver­gan­gen­heit auch Ein­zel­fälle mit schwe­ren Gewalt­ta­ten. Das ist erschüt­ternd. Wir neh­men das ernst.

Und weil wir die­ses Thema ernst neh­men, müs­sen wir über die Wirk­lich­keit spre­chen! Bei Mil­lio­nen von Kun­den­kon­tak­ten in den Job­cen­tern jedes Jahr; sind Gewalt­ta­ten die Aus­nahme! Nicht die Regel. Die meis­ten Men­schen, die ins Job­cen­ter kom­men, suchen Unter­stüt­zung, nicht den Kon­flikt.

Die AfD behaup­tet hin­ge­gen, Gewalt gehöre inzwi­schen zum Arbeits­all­tag“ und ver­weist zugleich aus­drück­lich auf „psy­chisch auf­fäl­lige Per­so­nen“ und „Per­so­nen mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund“.  Sie unter­stel­len indi­rekt allen Bürgergeldempfänger*innen kri­mi­nelle Absich­ten. Das ist plump, das dis­kri­mi­niert, das stig­ma­ti­siert.

Schauen wir uns doch mal ihre For­de­run­gen an! Sie wol­len Ein­gangs­kon­trol­len wie an Flug­hä­fen und Gerich­ten, mit Metall­de­tek­to­ren, Taschen­kon­trol­len, gege­be­nen­falls sogar Per­so­nen­kon­trol­len. Sie wol­len flä­chen­de­ckende Kame­ra­über­wa­chung der Park­plätze, Schran­ken, Zugangs­kon­trol­len, mehr Sicher­heits­dienste und eine soge­nannte „Null-Tole­ranz-Poli­tik“ mit ver­pflich­ten­den Haus­ver­bo­ten.  Kurz gesagt: Sie wol­len das Job­cen­ter zur Hoch­si­cher­heits­zone erklä­ren.

Die Bot­schaft an die Bürger*innen lau­tet: Wer Hilfe zum Lebens­un­ter­halt braucht, wird wie ein poten­zi­el­ler Kri­mi­nel­ler behan­delt. Ihre Vor­schläge zu den Sicher­heits­maß­nah­men stei­gern bestehende Sicher­heits­kon­zepte zu einem absur­den, repres­si­ven Sicher­heits­re­gime!

Viele ihre vor­ge­schla­ge­nen Maß­nah­men zum Arbeits­schutz exis­tie­ren bereits oder sind längst auf dem Weg:  z.B. digi­tale Post­fä­cher, Online-Kom­mu­ni­ka­tion, Dees­ka­la­ti­ons­schu­lun­gen, Gefähr­dungs­be­ur­tei­lun­gen, Sicher­heits­kon­zepte, Haus­ver­bote und, und, und…. Das gibt es doch alles schon.

Sie wie­geln Beschäf­tigte und Bürgergeldempfänger*innen gegen­ein­an­der auf und nut­zen Ein­zel­fälle, um zu behaup­ten unser Sozi­al­staat funk­tio­niere nicht. Und wir sagen: Wenn wir über Sicher­heit in Job­cen­tern spre­chen, dann beginnt echte Prä­ven­tion nicht am Body­scan­ner, son­dern bei guten Arbeits­be­din­gun­gen und einer star­ken sozia­len Infra­struk­tur: bei aus­rei­chen­dem Per­so­nal, ver­läss­li­chen Schu­lun­gen, funk­tio­nie­ren­der psy­cho­so­ziale Hil­fen und ein respekt­vol­ler Umgang auf bei­den Sei­ten.

Wir ste­hen an der Seite der Beschäf­tig­ten in den Job­cen­tern und wir ste­hen an der Seite der Men­schen, die auf Unter­stüt­zung ange­wie­sen sind. Ihr Antrag hin­ge­gen stellt die einen unter Gene­ral­ver­dacht und die ande­ren in ein Dauer-Bedro­hungs­sze­na­rio. Das wird der Rea­li­tät nicht gerecht! Und eines muss ebenso klar gesagt wer­den: Sie ver­schwen­den mit die­sem popu­lis­ti­schen Mach­werk unsere Zeit. Statt bestehende Kon­zepte kon­struk­tiv wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, nut­zen Sie wie­der ein­mal die par­la­men­ta­ri­sche Bühne, um Ihre ver­zerr­ten Bil­der immer wie­der neu zu insze­nie­ren und gesell­schaft­li­che Spal­tung zu ver­tie­fen.

Das hilft weder den Job­cen­ter­mit­ar­bei­tern noch den Bür­ger­geld­emp­fän­gern. Es beweist ledig­lich, dass Sie sich für diese Men­schen gar nicht inter­es­sie­ren.

Was wir brau­chen, ist ein Sozi­al­staat mit Augen­maß und keine Poli­tik mit Sta­chel­draht im Kopf.  

Vie­len Dank.